Biologisches Paradigma abweichenden Verhaltens: breiter theoretischer Ansatz, der davon ausgeht, daß alle psychischen Störungen durch abnorme somatische oder körperliche Prozesse ausgelöst werden
Hauptfokus: genetische und biochemische Faktoren, die Krankheitsursachen zugrunde liegen
Dominanz der medizinischen Terminologie:
abweichendes Verhalten = pathologisches Verhalten
Klassifikation aufgrund von Symptomen
Klassifikation = Diagnose
Therapien: Maßnahmen zur Änderung von Verhalten
Grundannahme: abweichendes Verhalten ist einer Krankheit vergleichbar: beobachtbare Symptome werden inneren Fehlfunktionen zugeschrieben trägt wenig bei zur Klärung des Phänomens abweichendes Verhalten
Verhaltensanomalien können zumindest teilweise auf Störung eines oder mehrerer physiologischer Prozesse zurückgehen
Schizophrenie: Prädisposition durch erblich bedingte biologische Fehlfunktionen
Depression: Ursache vermutlich Störung der normalen Prozesse neuraler Erregungsübertragung
neurotische Angst: verursacht durch Defekt innerhalb des autonomen Nervensystems, der Senkung der Erregungsschwelle verursacht
hirnorganische Syndrome: Schädigung von Gehirnstrukturen als Ursachen
Gene als Träger genetischer Informationen (DNA)
Verhaltensgenetik: Studium der individuellen Unterschiede im Verhalten, die zum Teil auf genetische Veranlagung zurückzuführen sind
Genotyp: vollständige genetische Ausstattung eines Individuums, nicht sichtbarer, physiologischer genetischer Aufbau
Phänotyp: Gesamtheit der beobachtbaren Merkmale eines Menschen, ändert sich, ist Produkt der Interaktion des Genotyps mit der Erfahrung (Kennzeichen des Phänotyps: z.B. gemessene Intelligenz)
keine direkte Vererbung psychischer Krankheiten: etliche klinische Krankheitsbilder sind Störungen des Phänotyps, eine Prädisposition (Diathese) wird vererbt, aber die Krankheit an sich entwickelt sich immer aus der Interaktion Genotyp-Umwelt
Methoden der Verhaltensgenetik: Vergleich von Familienmitgliedern und Zwillingspaaren
Familien Methode: Vergleich von Familienmitgliedern
im Falle der Vererbung einer psychischen Störung: Familienstudie sollte Korrelation zwischen Anzahl der gemeinsamen Gene und Häufigkeit der Störung bei Verwandten zu erkennen sein, Indexgruppe: Personengruppe, für die die zu untersuchende Diagnose gestellt wurde
Zwillingsmethode: Untersuchung eineiiger (monozygoter, MZ) Zwillinge und zweieiiger (dizygoter, DZ) Zwillinge
Beginn mit diagnostizierten fällen, Untersuchung, ob auch der andere Zwilling die Störung hat, konkordante paare: ähnliche Diagnose Nachweis einer erblichen Prädisposition. Konkordanz für eineiige Zwillinge ist höher als für zweieiige
Probleme, die Daten zu interpretieren Untersuchung von Kindern, die vollständig getrennt von den anormalen Eltern aufgezogen wird, eineiige Zwillinge, die von frühester Kindheit an getrennt aufgewachsen sind
vier Hauptbestandteile eines Neurons:
primär erregende Erregungsleitung: Stimulation durch Dendriten
Nervenimpulse
Synapse: kleiner Zwischenraum zwischen den Axonen des sendenden und des empfangenden Neurons
Neurotransmitter: spielen oft bei Psychopathologien eine Rolle
bestimmte Störung ist auf zu große (Schizophrenie: zu hoher Dopaminspiegel) oder zu kleine (Angststörungen: zu wenig GABA) menge an Neurotransmittern zurückzuführen
gründe für Transmitterüber- oder Unterproduktion:
auch bestimmte Verhaltensabnormitäten lassen sich behandeln / verhindern: mit Medikamenten oder chirurgischen Eingriffen
Beispiel: Phenylketonurie
in Psychopathologie und Psychotherapie am meisten angewandtes Paradigma: psychodynamisches / psychoanalytisches Paradigma, entwickelt von Sigmund Freud (1856-1939)
These: psychische Krankheiten entstehen aus Problemen des Unbewußten
klassische psychoanalytische Theorie: ursprüngliche Ansichten Freuds
drei Teile der Psyche:
Grundlegende Triebe : Thanatos (Todestrieb) und Eros (lebensintegrierende Kraft von sexueller Natur, Energie: Libido), Es folgt dem Lustprinzip, Reflexaktivität, Primärprozeß
menschliches Verhalten: komplexes Wechselspiel = Psychodynamik der Persönlichkeit, der drei psychischen Systeme, die eigene, oft widersprüchliche Ziele verfolgen
Großteil des Verhaltens wird durch unbewußte Kräfte bestimmt
unbewußter Teil des Ich: Abwehrmechanismen, schützen Ich vor Angst
Persönlichkeit = geschlossenes Energiesystem vollkommen deterministisches Denken
Persönlichkeit entwickelt sich im Verlauf von vier aufeinanderfolgenden psychosexuellen Phasen
bis 13. Lebensjahr: Latenzphase, gilt nicht als psychosexuelle Phase: Es-Impulse sind weniger stark, spielen keine unmittelbare Rolle für Verhaltensmodifikation, Kind verhält sich asexuell
z.B. anale Persönlichkeit,
Persönlichkeitszüge werden auf frühe Kindheitserlebnisse zurückgeführt und auf die Art, wie dem Kind Befriedigung ermöglicht / verweigert wurde Fixierung = Einfrieren der Entwicklung auf einer frühen psychosexuellen Stufe
bedeutsamste Entwicklungskrise: in phallischer Phase: Kind wird überwältigt vom Verlangen nach gegengeschlechtlichem Elternteil, verlangen und Verdrängung = Ödipus- / Elektrakomplex, Lösung durch Identifikation mit gleichgeschlechtlichem Elternteil und Übernahme gesellschaftlicher Normen = Lernen moralischer Wertvorstellungen = Entwicklung des Über-Ich
1. Angsttheorie (1895)
Formen der Angst
notwendige Voraussetzung neurotischer Angst: Verdrängung
Methoden, mit denen angstempfindendes Ich sein Mißbehagen reduzieren kann
verdrängte infantile Erinnerungen können nicht durch spätere Erfahrung korrigiert werden, büßen nichts von ursprünglicher Intensität ein
Phantasietheorie Verlagerung der Suche nach Ursache psychischer Störungen von Umwelt zu Patienten und seinen Phantasien
zuweilen fließende Grenzen zwischen Beobachtung und Interpretation
sehr umstrittene Wissenschaftlichkeit von Freuds Theorien: lassen sich schwer widerlegen / beweisen, oft keine eindeutigen Aussagen
Ergebnisse Freuds nicht allgemein anwendbar, da kleine und sehr ausgewählte Patienten-Stichprobe (obere Mittelschicht des frühen 20.Jahrhunderts)
angebliche Metaphern zur Beschreibung psychischer Funktionen: wird oft Eigenleben, eigenständige Existenz zugeschrieben
aber: Bedeutung der Psychoanalyse: verstärkte Berücksichtigung nicht-physiologischer Erklärungen für gestörtes Verhalten
Carl Gustav Jung (1887-1961): wandte sich 1914 von Freud ab
radikal von Freud abweichende Gedanken: Mischung zwischen analytischer und humanistischer Psychologie Analytische Psychologie
Alfred Adler (1870-1937): noch unabhängiger von Freud
Erik Erikson (1902-1994): Ich-Psychologe
klassische Psychoanalyse: basiert auf Freuds 2. Angsttheorie: ich reagiert mit neurotischer Angst, wenn einstmals bestrafte und verdrängte Triebregung Ausdruck verlangt
psychoanalytische Therapie versucht, frühere Verdrängung aufzuheben und Patienten zu helfen, sich früherem Kindheitskonflikt zu stellen = ihn aus Sicht des erwachsener Wirklichkeit zu lösen (Lernprozeß soll nachgeholt werden)
Paul Wachtel (1977): Wesen der Psychoanalyse: Metapher vom Mammut neurotische Konflikte = abgekapselte Überbleibsel sehr alter Konflikte
Aufhebung der Verdrängung durch
Strukturalismus: Untersuchung des Funktionierens und der Struktur des menschlichen Geistes
Wilhelm Wundt (1882-1920): erstes psychologisches Laboratorium (1879 in Leipzig) und
Edward Titchener (1867-1927): Introspektion
Anwendung der Introspektion: verschiedenen Forschungsgruppen kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen
John B. Watson (1878-1958): Psychologie, wie der Behaviorist sie sieht, ist ein rein objektiver, experimenteller Zweig der Naturwissenschaft. Ihr Ziel ist die Voraussage und Kontrolle von Verhalten
Behaviorismus: Ansatz, der sich mehr dem Studium des beobachtbaren Verhaltens als dem Bewußtsein widmet
Iwan Pawlow (1849-1936): Hunde, Verknüpfung zweier Reize
John Watson, Rosalie Rayner (1920): Kleiner Albert und die weiße Ratte
mögliche Beziehung zwischen klassischem Konditionieren und Herausbildung bestimmter emotionaler Störungen, hier einer Phobie
Edward Thorndike (1874-1949): Effekte, Konsequenzen eines Verhaltens
Gesetz der Wirkung (Law of effect): ein Verhalten, dessen Konsequenzen für den Organismus befriedigend sind, wird wiederholt, während die Häufigkeit eines Verhaltens bei unangenehmen oder schädlichen Folgen abnimmt
Lernen aus Konsequenzen = instrumentelles Lernen
Burrhus Frederick Skinner (1904-1990): Neuformulierung des law of effect, reize sind nicht so eng an Reaktionen gekoppelt, stellen Möglichkeit dar für Auslösung einer Reaktion, wenn sie zuvor verstärkt wurden
Begriff des diskriminanten Reizes (Einbeziehung äußerer Gegebenheiten)
Prinzip der Verstärkung:
positive Verstärkung: Verstärkung einer Reaktionsmöglichkeit durch Auftreten eines bestimmten Ereignisses = positiver Verstärker
negative Verstärkung: Reaktion wird durch Beendigung eines Reizes (z.B. Elektroschock) = negativer Verstärker
Freiheit der Wahl ist Mythos, jegliches Verhalten wird durch positive und negative Verstärkung seitens der sozialen Umwelt determiniert
Beschränkung des Forschungsinteresses auf unmittelbar beobachtbare Reize und Reaktionen und Auswirkungen von Verstärkung
Shaping = Verhaltensformung: eine Reihe von Reaktionen wird belohnt, die eine sukzessive Annäherung an das gewünschte Verhalten sind
Depression als Beispiel der Anwendung operanten Konditionierens auf eine Störung: Lewinsohn (1974): Auslösung einer Depression durch ein niedriges Verstärkungsniveau
Modellernen = Lernen durch Beobachtung und Nachahmung anderer
Bandura und Menlove (1968): Modellernen, um Kindern die Angst vor Hunden zu nehmen
Modellernen: welche Rolle spielen vermittelnde Prozesse für Lernen und Verhalten
Einführung von Mediatoren = offenen Reaktion ist nicht unmittelbar vom Umweltreiz, sondern von zwischengeschaltetem Prozeß ausgelöst = Mediator = innere Reaktion
unter bestimmten Bedingungen ist es legitim und unumgänglich, über beobachtbare Daten hinauszugehen
Mowrer (1947): Zwei Lernschritte bei der Vermeidungskonditionierung
Angst als innere Reaktion
Angst als Antrieb, der Vermeidungsverhalten vermitteln kann
unverstärkte Wiederholung einer offenen Reaktion führt zu Löschung der Reaktion Angst wird allmählich verringert
zentrale Hypothese: abweichendes Verhalten wird genauso gelernt wie die meisten anderen menschlichen Verhaltensweisen biologische Faktoren spielen nur sehr geringe Rolle
Erhellung der Lernprozesse, die zu abweichendem Verhalten führen
Abnormität = relativitstischer Begriff
Schwierig zu beweisen, keine Bedingungsanalyse
v.a. Behandlung von psychischen Störungen = Verhaltenstherapie
= Verhaltensmodifikation
Angst als Ergebnis klassischen Konditionierens Beseitigung durch Koppelung des konditionierten Reizes mit nicht-ängstlicher Reaktion = Gegenkonditionierung
Josef Wolpe (1958): systematische Desensibilisierung: Patient arbeitet sich unter Entspannung in seiner selbst aufgestellten Angsthierarchie nach oben
Selbstsicherheitstraining = Ermunterung zu freiem Sprechen und offenem Ausdruck positiver wie negativer Gefühle
aversives Konditionieren: Koppelung eines attraktiven Reizes an ein unangenehmes Ereignis (z.B. bei Fetischismus)
Münzverstärkung
Modellernen (Bandura, Blanchard und Ritter (1969): Behandlung von Schlangenphobien)
Rollenspiel
Lazarus (1971): Verhaltenseinübung: Möglichkeiten werden Patient vorgestellt und in Therapie ausprobiert
Kognition: umfaßt die Prozesse des Wahrnehmens, Erkennens, Begreifens, Urteilens und Schließens
kognitive Psychologie: Beschäftigung mit der Frage, wie Menschen (und Tiere) ihre Erfahrungen strukturieren, ihnen Sinn unterlegen, indem sie Umweltreize in verwertbare Information transformieren
klassisches Konditionieren in der kognitiven Psychologie: eher aktiver Prozeß: Organismus lernt etwas über Beziehung zweier Ereignisse
Lernender interpretiert Situation bewußt im Lichte dessen, was in der Vergangenheit schon erworben wurde Wahrnehmungstrichter
Einpassung neuer Erfahrungen in organisiertes Netzwerk vorhandenen Wissens
Schema oder kognitive Einstellung kann Informationsverarbeitung und Speicherung beeinflussen
Depression: verantwortlich ist eine bestimmte kognitive Einstellung, übermächtiges Gefühl von Hilflosigkeit
Konzepte / Schemata sind vage, nicht immer gut definiert
kognitive Erklärungen in Psychopathologie nicht immer hilfreich
entscheidendes Merkmal des kognitiven Paradigmas: Gedanken wird eine ursächliche Bedeutung zugeordnet
Blick bleibt beschränkt auf gegenwärtige Bedingungen der Störung statt auf Vorbedingungen wenig Beiträge zur Erklärung der Ätiologie
Kognitive Verhaltenstherapeuten: versuchen, Denkprozesse der Patienten zu ändern dadurch Beeinflussung auch der Emotionen und des Verhaltens kognitive Umstrukturierung
Albert Ellis (1962): Ursache fehlangepaßter Gefühle und Handlungen in irrationalen Überzeugungen: konfrontieren betroffenen mit überhöhten Anforderungen an sich selbst rational-emotive Therapeuten
Aaron Beck (1967, 1976): Mittelpunkt des Ansatzes: Verzerrung der Wahrnehmung des Menschen, z.B. betonen Depressive die Einzelheiten eines komplexen Ereignisses, die ihre negative Sichtweise stützen = selektive Abstraktion
Albert Bandura (1977): Erfolge kognitiver Therapieformen lassen sich unter anderem dadurch erklären, daß sie dem Patienten ein Gefühl der Selbstwirksamkeit vermitteln (eigenen Einflußmöglichkeiten, angestrebte Ziele können erreicht werden)
Verhaltensänderung durch Verhaltens Techniken ist effektivster weg, Glauben an Selbstwirksamkeit zu stärken kognitive Therapeuten arbeiten auf kognitiver Ebene wie auf Verhaltensebene
Nähe zur experimentellen Psychologie
abweichendes Verhalten: viel zu mannigfaltig, als daß es innerhalb nur eines Paradigmas angemessen erklärt / behandelt werden kann
Daten sollten aus Perspektive multipler Verursachung gesehen werden, Ursache psychischer Störungen kann auch in Wechselwirkung physiologischer und umweltbedingter Faktoren zu sehen sein
Diathese-Streß-Modell. verbindet biologische, psychologische und Umweltfaktoren, ist nicht auf bestimmte Schule beschränkt
Untersuchung der oft subtilen Wechselwirkungen zwischen Prädisposition für eine Krankheit = Diathese, und belastenden Umwelt- oder Lebensereignissen = Streß
Diathese: jegliche Neigung eines Menschen, auf besondere Weise auf Umweltstreß zu reagieren
physiologische Prädisposition: wichtiger Bestandteil vieler psychischer Störungen
Diathese erhöht Möglichkeit einer Person, eine Störung zu entwickeln, garantiert nicht, daß Störung auch tatsächlich auftritt
Zur Entwicklung einer Störung: sowohl Diathese als auch Streß nötig
meiste Therapeuten haben ich Eklektizismus verschrieben und benutzen Thesen und Techniken einer ganzen Reihe von Schulen